Von Arun Dohle
Bei der Herkunftssuche gibt es einige Hindernisse, die alle überwunden werden wollen.
- Kulturelle und sprachliche Barrieren: Die meisten von uns Adoptierten sprechen weder Hindi noch sonst eine indische Sprache.
- Wir werden oft als Geldquelle betrachtet. Das passiert auch mir immer noch jedes Mal, wenn ich versuche, ein Auto zu mieten. Ich werde immer aufgefordert, mehr zu zahlen.
- Man benötigt gute ortskundige Hilfe. Die Person, die Dir hilft, muss den Adoptionsprozess verstehen, um die damalige Situation rekonstruieren zu können. Das ist wesentlich für jede Suche.
- Die Person, die Dir hilft, muss auch in der Lage sein, mit Behörden wie der Polizei, staatlichen Organen und Adoptionsvermittlungsstellen umgehen zu können. Er / sie sollte kein „Nein“ akzeptieren und nicht bei der ersten Hürde aufgeben.
- Die richtigen, vertrauenswürdigen und fähigen ortsansässigen Leute zu finden, ist die größte Herausforderung.
- Indische Adressen sind nicht so, wie wir sie im Westen kennen. Oft ist eher ein Wahrzeichen oder Orientierungspunkt angegeben als eine Hausnummer. Und solche Orientierungspunkte (wie z.B. Einkaufsgeschäfte) können sich ändern. Selbst wenn Du eine Adresse hast, könnte sie inzwischen veraltet sein. Die Leute könnten auch umgezogen oder gestorben sein, und die Spur wird kalt.
- Wir sollten auch nicht einfach an der Tür einer Frau klopfen, die zum Zeitpunkt unserer Geburt als „unverheiratete Mutter“ stigmatisiert wurde und jetzt vielleicht Mann und Kinder hat. Es weiß kaum einer um unsere Existenz. Die Herkunftssuche muss also mit dem größten Respekt vor der aktuellen Situation, in der sich unsere Mutter befindet, ausgeführt werden. Wir sind sehr umsichtig und diskret und sind mit unserer Erfahrung und Kompetenz zur Stelle, sollte mal etwas schief laufen. Wir sind in der Lage, solche Situationen besonnen und sicher zu meistern.
Ich bin der Meinung, dass Suchen, bei denen die Mütter unverheiratet waren, nur in Zusammenarbeit mit einem/r qualifizierten indischen Sozialarbeiter/in mit Master-Abschluss durchgeführt werden sollten – kein Privatdetektiv, kein Journalist und auch nicht die erste Person, die bereit ist zu helfen.
Ich könnte so eine Suche nicht alleine bewerkstelligen, obwohl ich viel Zeit in Indien verbracht habe. Wie ihr auch brauche ich die Hilfe einer ortsansässigen Fachkraft. Zum Glück haben wir die beste in ganz Indien – Anjali Pawar – eine qualifizierte Sozialarbeiterin mit Jura-Abschluss und der Erfahrung von 40 erfolgreichen Suchen.
- Unsere Adoptionen waren keine Adoptionen. Nach indischem Recht wurden wir nicht legal adoptiert. Wir wurden zur Pflegschaft in die Obhut von Ausländern gegeben. Dann wurden wir ins Ausland gebracht und dort adoptiert.
- Die meisten von uns Adoptierten sind nicht im Besitz unserer Original-Geburtsurkunde, oder der Original Freigabeerklärung. Wir haben nur die eidesstattliche Erklärung des Kinderheims über unser Geburtsdatum und darüber, dass und wann wir verlassen worden sind, sowie den Gerichtsbeschluss, aus dem auch keine weitere Information über unsere Eltern hervorgeht.
- Die Freigabeerklärung selbst, in der Name und Adresse der Mutter stehen sollte, ist weder in der indischen Gerichtsakte noch bei den Adoptiveltern, bei CARA (die es erst seit 1995 gibt), der Adoptionsvermittlungsstelle oder den Behörden des Annahmelandes zu finden.
Unsere Identität wurde damit de facto gelöscht.
- Die Kinderheime sind in der Regel nicht kooperativ. Manchmal geben sie einen Vornamen heraus, vielleicht auch mal einen Nachnamen, die Religionszugehörigkeit und die Gegend, aus der Deine Mutter kommt – wenn Du Glück hast. Sehr selten zeigen sie Dir alle Dokumente, die sie haben. Die meisten wissen noch nicht einmal, welche Dokumente sie aufbewahren müssen.
- Kinderheime und Adoptionsvermittlungsstellen haben weder die Erfahrung noch das Interesse oder die Kapazität Herkunftssuchen durchzuführen. Und wenn man dann bedenkt, dass die meisten noch dazu in unrechtmäßige Adoptionen verwickelt waren, käme es für sie zu einem Interessenskonflikt, wären sie in die Suche miteingebunden.
- Adoptionsvermittlungsstellen sind der Ansicht, dass Herkunftssuchen dazu führen, dass zukünftige unverheiratete Mütter abgeschreckt werden, so dass sie ihre Kinder nicht mehr „abgeben“. Und wenn diese Kinder nicht mehr zur Adoption freigegeben werden, dann landen sie buchstäblich in der Mülltonne – so die Vermittlungsstellen.
- Sollten Vermittlungsstellen beim Adoptionsprozess tatsächlich etwas falsch gemacht haben, dann wollen sie sicher nicht, dass das ans Licht kommt.
Indische Regierungsbehörden haben weder das Budget noch die Motivation oder Erfahrung