Suche in Eigenregie

Im Idealfall fliegst Du nach Indien, besuchst Dein Kinderheim und die Mitarbeiter dort helfen Dir, Deine Mutter zu finden.

Die Realität sieht anders aus.

Wir haben voll und ganz Verständnis dafür, dass Adoptierte ihre Herkunftssuche selbst in die Hand nehmen möchten. Es erlaubt Dir, ein eigenes Tempo vorzugeben und für alles selbst verantwortlich zu sein.

Und es vermittelt den Eindruck, dass Du Geld sparen kannst.

Aber das ist eine Illusion.

5 Gründe gegen eine Suche in Eigenregie:

  1. Einige Adoptierte haben mit Journalisten zusammengearbeitet, eine Untersuchung eingeleitet und dann ihre Herkunftsfamilie gefunden. Das kann gut ausgehen, beinhaltet aber eine Menge Risiken, da Journalisten einfach nicht über das Maß an Erfahrung in Sozialarbeit verfügen, das benötigt wird, um diese Situation anzugehen und schwerwiegende Fehler zu vermeiden (z.B. wenn eine unverheiratete Mutter ihre Geschichte geheim gehalten und später geheiratet hat).
  2. Wenn Deine Mutter unverheiratet war, sollte die Suche nur von einer erfahrenen Fachkraft mit einem Master-Abschluss durchgeführt werden. Jemandem, der fähig ist, diskret zu suchen und „ein Feuer zu löschen, wenn’s brennt“. In der Regel wirst Du so jemanden nicht auf Anhieb finden, und Du selbst wirst das höchstwahrscheinlich auch nicht gewährleisten können.
  1. Es ist sehr aufwändig und frustrierend, nach der richtigen Person zu suchen, die dann auch noch gewillt ist, Dir zu helfen. Und auch wenn Du glaubst, sie gefunden zu haben: Ist sie wirklich qualifiziert? Die Erstreaktion ist meistens: „Du hast so ein Glück, adoptiert worden zu sein und so ein gutes Leben im Westen zu haben.“ Manche werden Dich auch zu einem Tempel oder Astrologen mitnehmen, damit Du Deinen inneren Frieden findest oder ähnliches. Sich in Indien und dem dortigen System zurechtzufinden ist nicht einfach, noch nicht einmal für jemanden, der dort aufgewachsen und zur Schule gegangen ist. Die meisten wissen nicht viel über Adoptionen, den Adoptionsprozess und die Geschichte etc.
  1. Du beauftragst einen Anwalt: Manche hoffen, dass sie ihren Fall aufklären können, wenn sie einen Anwalt beauftragen. Seien wir ehrlich: Nur Anwälte, die Adoptionen auch durchführen, kennen sich mit den juristischen Feinheiten aus. Anderen Anwälten sind die Gesetze dazu kaum bekannt. Und diejenigen, die Adoptionen durchführen, helfen Dir vielleicht nicht wirklich. Auch wenn sie es vorgeben, kann es sein, dass sie Dich in die Irre führen.

Du wirst oft nicht umhinkommen, Anwälten das Adoptionsgesetz und dessen Regelungen, Verstöße dagegen und weitere Adoptionspraktiken näherzubringen. Du wirst also den Löwenanteil der Recherchearbeit selbst tragen.

Indische Anwälte können dir berechnen was immer sie wollen. Es kann sein, dass Dir zu Beginn ein guter Preis genannt wird und später gibt es dann Gründe, aus denen Du mehr bezahlen musst – sei es gerechtfertigt oder nicht. Ein Gerichtsverfahren kann sich über 3-10 Jahre hinziehen. Dein Anwalt kann anfangs aufrichtig in Deinem Sinne arbeiten und irgendwann doch zur anderen Seite wechseln. Das sind die Fallstricke jedes juristischen Systems.

Wir haben das alles durchgemacht, haben mit verlässlichen Anwälten Fälle verhandelt und das Adoptionssystem verändert. So dass wir heute die meisten Fälle ohne eine Gerichtsverhandlung lösen können. Unsere Sozialarbeiterin hat vor kurzem ihren Abschluss in Jura erlangt und ist somit auch Anwältin.

  1. Kosten – bestimmt ist es billiger auf eigene Faust zu suchen.

Okay, für den Anfang nimm Dir Stift und Zettel zur Hand und rechne zusammen: Die meisten, die ihre Suche alleine starten – und in den meisten Fällen nach einiger Zeit aufgeben –, fliegen mindestens drei Mal nach Indien.

Hier eine Vorlage:

3 Flugtickets

3×3 Wochen Kost und Logis

3×3 Wochen Reisekosten im Land selbst

3×3 Wochen keine Einkünfte (der Posten, der in der Berechnung von den meisten vergessen wird)

3×3 Wochen für einen ortsansässigen Übersetzer (die meisten versuchen es ohne, scheitern dann aber)