ARC – Lern das Duo kennen, das seit Jahren illegale Adoptionen und Kinderhandel bekämpft

ARC – Lern das Duo kennen, das seit Jahren illegale Adoptionen und Kinderhandel bekämpft

 

(Monalisa Das, in: The News Minute,Dienstag, November 08, 2016 – 20:00)

Arun und Anjali haben bisher ungefähr 40 Adoptierte mit ihren leiblichen Eltern vereint.

 

So fand die Suche der Schwedin Jyothi Svahn nach ihrem Vater gegen Ende Oktober 2016 ein glückliches Ende. Bei einem tränenreichen Wiedersehen traf sie ihren Vater Dasratha Rao nach 23 langen Jahren in Chamrajpet, Bengaluru. „Endlich fand ich den inneren Frieden, den ich mir solange ersehnt hatte“, sagte Jyothi der News Minute.

 

Doch vor dem Happy End lagen Monate harter Arbeit und Beharrlichkeit von zwei Menschen: Arun Dohle und Anjali Pawar, die den Weg zu dieser Wiedervereinigung geebnet haben.

 

Foto Anjali (links) mit Arun; Against Child Trafficking/Facebook

 

Arun, Mitbegründer der NGO Against Child Trafficking (ACT), ist selbst Adoptierter. Er musste sage und schreibe 17 Jahre dafür kämpfen, Zugang zu den Dokumenten zu erhalten, die Informationen über seine leibliche Mutter enthalten.

 

1973 wurde Arun von einem deutschen Paar adoptiert. Er war gerade erst zwei Monate alt und kam aus dem Motichand Mahila Seva Gram (KMMSG) Kinderheim in Pune. Seine Mutter soll ihn dort abgegeben haben, weil sie zum Zeitpunkt der Geburt unverheiratet war.

Arun, ein Finanzberater, begann seine Herkunftssuche mit Mitte 20, aber alle seine Versuche, an seine Adoptionsunterlagen zu kommen, wurden vom Kinderheim vereitelt.

 

Als jemand, der nicht so leicht aufgibt, kämpfte Arun bis zum Obersten Gerichtshof Indiens, das ihm in einem richtungsweisenden Urteil 2010 Zugang zu den Dokumenten einräumte.

Drei Monate später traf er seine Mutter das erste Mal, als sie sich in einem Restaurant gegenüber saßen.

 

„Ich verstehe ihren Schmerz“, sagt Arun.

 

 

Wie alles begann

 

Im Zuge der Suche nach seiner leiblichen Mutter gründete Arun ACT im Jahr 2008.

Zur selben Zeit untersuchte das Central Bureau of Investigation (CBI; Bundespolizeibehörde) einen der größten Fälle von Kinderhandel in Indien.

 

Bei illegalen Adoptionen aus Chennai wurden 305 Kinder verschleppt und zur Adoption durch Menschen aus Australien, den Niederlanden und den USA überlassen. ACT half dem CBI ein paar dieser Kinder wiederzufinden.

 

Nagarani and Kathiravel

 

Nagarani und Kathiravel

 

 

Eines Nachts im Jahr 1999 hatten Kathiravel, ein Kofferträger, und seine Frau Nagarani ihre Matten  vor ihrer Hütte der Pulainthope Colony in Chennai ausgerollt. Die Familie schlief tief und fest, wurde jedoch jäh aus den Träumen gerissen, als ihr eineinhalb jähriger Sohn Satheesh entführt wurde.

 

Jahre der Nachforschungen (durch das CBI, das von ACT unterstützt wurde) führten schließlich dazu, dass Satheesh in Zwolle-Lelystad in den Niederlanden ausfindig gemacht werden konnte. Aus Satheesh war inzwischen Rohit Shivam Bissesar geworden, ein Kleinkind ohne Erinnerung an seine leiblichen Eltern. Trotz des harten Kampfes erlaubte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nie einen DNA-Test.

 

 

 

Dekla Selvam

Im Jahr 1996 vertraute Dekla Selvam, eine Fischersfrau aus Kanyakumari, ihre vier Kinder dem Malaysian Social Service an, der versprochen hatte, ihnen eine gute Ausbildung im Ausland zu ermöglichen. Es entsetzte sie zu erfahren, dass alle vier zur Adoption freigegeben worden waren.

„Wir haben Dekla geholfen, ihre Kinder Kapil und Lisa, die nun Miquel und Melissa heißen, wiederzufinden. Die Adoption ging nicht gut aus, und die beiden Kinder waren in staatlicher Obhut. Eines Tages ermöglichte jemand ein Treffen zwischen den Kindern und Dekla. Unser indischer Kollege war ebenfalls anwesend. Melissa wollte mehr Zeit mit ihrer Mutter verbringen, es wurde ihr aber nicht erlaubt“, sagt Arun.

Bis jetzt hat diese Organisation 40 Adoptierte mit ihren leiblichen Eltern vereint – sowohl in Indien als auch in anderen Ländern wie z.B. Äthiopien.

Laut Arun gibt es fast 40.000 Adoptierte außerhalb Indiens, und nur ein paar Hundert kennen ihre Wurzeln. Und sehr viele suchen nach ihren Eltern. „Wir haben viele Anfragen von Menschen, die uns bitten, ihre Eltern wiederzufinden.

Seit Jahren arbeitet Arun daran, illegale Adoptionen und Kinderhandel, besonders von indischen Kindern, zu unterbinden.

 

 

Fatima und Salya deren Kinder auch gekidnapped wurden

 

Gedanken zum Thema Adoption

 

Anjali Pawar, Anwältin und Präsidentin der NGO Sakhee, unterstützt ACT schon seit mehreren Jahren.

 

Einige Beobachtungen, die sie während ihrer Arbeit an diesen Fällen gemacht hat, sind, dass unverheiratete Mütter ihre Kinder meistrens behalten möchten. Aber viel zu oft werden sie „überzeugt oder sogar bedroht“, ihre Kinder abzugeben. „Und so muss die Mutter mit dieser Schuld leben“, sagt sie.

Anjali ist der Meinung, dass eine Adoption keine Kinderschutzmaßnahme ist. Denn selbst, wenn das Kind ein Waisenkind ist, so könnte es immer noch weitere Familienmitglieder haben.

Aber was, wenn es keine weitere Familie gibt oder es sie nicht kennt? Solche Fälle sind sehr selten, sagt sie.

Arun ergänzt, dass Kinder, deren Eltern nicht für sie sorgen können, in Pflegefamilien oder Kinderheimen untergebracht werden sollten. „Die Eltern könnten eine temporäre Krise durchleben, die mit der Zeit gelöst werden kann. Es ist die Pflicht des Staates, diese Eltern oder alleinerziehenden Mütter bei der Erziehung ihrer Kinder zu unterstützen.“

Beide halten Adoption für eine extreme Maßnahme, und internationale Adoption trennt Kinder nicht nur von ihren Eltern: Sie erzeugt auch einen Bruch im Hinblick auf Sprache und Identität.

 

In Jyothis Fall, sagt sie, dass es sehr hart war, sich im neuen Land einzuleben, obwohl ihre Eltern sie unterstützt haben. „Ich habe meine Familie in Indien vermisst.“

Jyothi trifft ihren Vater

 

Arun setzt internationale Adoption mit Kinderhandel gleich, da „so viel Geld im Spiel ist.“

Er sagt jedoch auch, dass die Gesetze sich ändern und wir in Indien eine unabhängige Organisation brauchen, die Adoptierten hilft.

 

Herausforderungen

Am Abend des Wiedersehens zwischen Jyothi und ihrem Vater warten Arun und Anjali im Restaurant des Hotels auf sie und ein paar Freunde.

„Wir hatten noch nicht mal das Geld für ein Hotelzimmer“, lacht Anjali müde. Sie haben schließlich die Kreditkarte eines Freundes benutzen dürfen.

ACT finanziert sich hauptsächlich durch Spenden. „Wir können das nicht den Opfern in Rechnung stellen“, ergänzt Arun.